Vor einigen Jahren fiel mir durch Zufall in einem kleinen Buchladen das folgende Buch in die Hand. Der Einband stach heraus. Ein rötliches Lila, irgendwie wirkte es altmodisch, eigentlich sogar auch ein wenig langweilig, wenn der Titel nicht so interessant geklungen hätte. “Fast ganz die Deine” von Marcelle Sauvageot.

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“Sie haben mir erklärt, wie Sie erkennen, dass eine Frau Sie ‘ohne Ansprüche und Forderungen’ liebt. – Wenn Ihnen danach ist, einen ganzen Tag lang ins Wasser zu spucken, um Kringel zu machen, wird die Frau, die Sie liebt, den ganzen Tag an Ihrer Seite bleiben, ohne etwas zu sagen, und Ihnen dabei zusehen, wie Sie Wasserkringel machen … Sie haben hinzugefügt, ich würde das nicht fertigbringen. Das muss ich wohl oder übel zugeben. Ich würde erst einmal versuchen zu schlafen oder selbst irgend etwas zu tun; wenn das nicht ginge, könnte ich es mir nicht verkneifen, Ihnen zu sagen, dass Sie ein Dummkopf sind und dass Sie mich lieber küssen sollten… Hätten Sie es denn ausgehalten, an meiner Seite zu bleiben und mir dabei zuzusehen, wie ich Wasserkringel mache?”[/dropshadowbox]

Worum es geht:

Dieses Buch ist kein Roman. Es ist keine inszenierte Handlung für das Lesertum. Dieses Buch besteht aus etwas, das einige von uns sicher kennen und selbst angewendet haben, um ihrem eigenen Kummer zu begegnen, wenn eine Liebe verunglückt ist. Es sind Briefe, die nie abgeschickt wurden. Authentische Briefe. Keine interessanten Einfälle eines Autors, der dies für einen gewitzten Kniff gehalten hat.
Diese Briefe wurden von Marcelle Sauvageot, einer französischen Lehrerin zwischen dem 7. November und 24. Dezember 1930 verfasst. Geschrieben an ihren ehemaligen Verlobten, während sie – an Tuberkulose erkrankt – wiederholt in einem Lungensanatorium sein musste. “Ich heirate… unsere Freundschaft bleibt“… muss sie lesen und reagiert darauf… Mit dem Herz, aber mehr noch mit dem Verstand und besser als ich es je gelesen habe, klarer als Liebeskummer und Enttäuschung je Worte gefunden haben und dabei in dieser Klarheit so lyrisch, weil so wahr.
Dieses Buch ist nicht kitschig. Dieses Buch ist nicht vergeistigt. Aber es ist ein kleines, sehr klares Juwel, das mich sehr berührt hat.

Ihre Freunde fanden nach ihrem Tod die Briefe und veröffentlichten diese. Was dieses Buch hält, sind echte Gedanken. Eine sehr reife und echte Auseinandersetzung mit dem Thema Beziehung, Bezogenheit, Schmerz, eigener Identität und Stärke, die man vielleicht gar nicht 1930 bei einer Frau vermutet und die heute noch erstaunlich aktuell ist.

Ich empfehle dieses Buch jedem, der Lust und Sinnlichkeit in Sprache, Klarheit und schmerzlichen Erfahrungen haben kann, der sich vielleicht selbst schon gefragt hat, wie weit man in einer Beziehung man selbst sein darf und wer man sein sollte oder will für jemanden, was man fordern oder sein darf. Verstand und Gefühl sehr nah beieinander. Noch heute greife ich immer wieder danach und lese darin.

Fast ganz die Deine / Eure

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